Ein besonderes Ehemaligentreffen am WDG

60 Jahre Abitur – Einblicke in frühere Schulzeitenvon Johanna A. und Marie-Luise V.

Anlässlich des 60-jährigen Abiturs hat sich ein Teil der Abschlussklasse am 30.10.21 im WDG versammelt und über die alten Zeiten gequatscht. Dabei haben wir den Herren ein paar Fragen gestellt, da ein Teil der Abiturienten unsere Schülerzeitung, die UNVOLLENDETE, vor 63 Jahren gegründet hat.

Besonders interessant war, dass wir sogar die erste Ausgabe der Schülerzeitung im Original vorliegen hatten. Unsere erste Frage bezog sich darauf, wie der erste Eindruck der natürlich stark veränderten Schule, gerade nach der Modernisierung bis zum Jahr 2019, ist. Sofort wurde entgegnet, dass sich selbstverständlich eine riesen Menge verändert hat, aber die Herren waren sich einig, dass die Grundstrukturen immer noch die gleichen sind. Es wurde vor allem das imposante Treppenhaus genannt, was wohl bereits damals als Schüler sehr beeindruckend war. Zu damaligen Schulzeit stand auch schon die Pallas Athene vor dem Schulhof als Schutz- und Kriegsgöttin, welche zurzeit allerdings als Leihgabe im historischen Museum in Berlin steht. Einig waren sich auch alle in dem Punkt, dass sich allerdings die gymnasialen Strukturen völlig verändert haben. Damals bestand der Unterricht ausschließlich aus Frontalunterricht und einen Schlag auf die Finger gab es auch nicht nur einmal. Das sieht heutzutage zum Glück, laut den Herren, völlig anders aus. Es hat uns außerdem interessiert, wie es sich anfühlt, vor 60 Jahren Abitur gemacht zu haben. Ist das überhaupt noch präsent nach der langen Zeit? „Und ob!“ wurde sofort entgegnet. Die manchmal nicht ganz so leichte Zeit auf dem Wilhelm Dörpfeld Gymnasium war für die Mehrheit maßgebend und zielsetzend für ihr gesamtes Leben. Es wurde genannt, dass nur durch das WDG der Lebensweg bestritten werden konnte. Einer der Abiturienten beschrieb, dass er bis heute regelmäßig den Alptraum hat, in der Mathematik-Abiturprüfung zu sitzen und rein gar nichts zu wissen. Das ist ein Beispiel dafür, wie prägend die Schulzeit für das gesamte Leben ist. Durch ausführliche Beschreibungen hat man sich plötzlich während des Gesprächs in die 1960er zurückversetzt gefühlt. Ein Gefühl des Zusammenhalts, des Vertrauens, aber auch der Strenge und der Macht des Wissens machte sich breit. Uns wurde plötzlich klar, wie sehr die Schüler zusammengehalten haben und sich gegenseitig unterstützt haben. „Niemand wurde von uns zurückgelassen.“, erzählte ein Abiturient. „Vor dem Abitur haben wir uns alle gegenseitig Nachhilfe gegeben, damit wir alle zusammen dadurch kommen! Keiner wollte, dass einer es vielleicht nicht schafft.“ Auf die 60 Jahre bezogen, wurde uns erklärt, dass der Körper zwar langsam nachlässt aber man sich geistig „wie 40!“ fühlt. Wir haben die Herren gefragt, wie sie sich bei dem Gedanken fühlen, dass die Unvollendete immer noch besteht. Sie antworteten uns direkt mit einem Lachen und erklärten uns, dass zwischen ihren Ausgaben und unseren Ausgaben Welten liegen. Damals hatten sie kein Geld die Ausgabe aufwändig zu gestalten oder gar wirklich zu drucken. „Es war nur ein einfaches Infoblatt mit den Meinungen der Schüler.“, sagte einer der Herren. Was war die Intention von Schülern in einer Zeit, in der die Schüler kaum Mitspracherecht hatten, eine Schülerzeitung zu gründen? Ganz einfach beantworteten die Herren, dass sie einfach “Aufmupfen“ wollten gegen den Lehrkörper. Allerdings das nicht ganz ohne Konsequenzen. Bei der zweiten Ausgabe der Unvollendeten wurden die damaligen Schüler zur Schulleitung gerufen um dort Ärger für die spitzen Aussagen gegen die Lehrer und die Schule zu bekommen. Diese Themen beziehen sich auch auf den Titel unserer Schülerzeitung. Das Leben und die Schule waren damals unvollendet. Sie waren eng und ließen keine neuen Ideen zu. Der Unterricht war stark geprägt durch den Krieg, weswegen die Schüler die Lehrer auch immer wieder darauf ansprachen. Allerdings wurde das immer wieder abgelehnt, indem die entsprechenden Schüler von der Schule oder aus dem Unterricht geschmissen wurden. Die Lehrer “mobbten“ die Schüler, vor
allem wegen ihrem Aussehen. Diese ganzen Punkte, vielleicht auch das die Zeitung noch nicht komplett war, führte zu dem Titel: die “UNVOLLENDETE“. Eine Redaktionssitzung wie wir sie heute kennen, gab es damals übrigens gar nicht. In den Schulpausen wurde in einfachen Gesprächen kurz besprochen, was in der nächsten Pause veröffentlicht werden soll. Zuhause haben die Schüler dann die Artikel geschrieben und wurden dann zusammengetragen. Auch die für uns Schüler*innen sehr aktuelle Diskussion um die “Kleiderordnung“ wurde von uns in einer Frage aufgegriffen. Wir wollten wissen, ob es damals ähnliche Diskussionen oder Konflikte gab. „Alle Jungs in der Klasse Sieben haben sich eines Tages den gleichen Schlips gekauft und auch dem Deutschlehrer noch einen geschenkt.“, erzählt ein Abiturient, „Oh, da gab es aber riesen Ärger mit dem Schulleiter!“ Da dieser es als ein Zeichen von Ausgrenzung Anderer sah, wurde das nicht geduldet und die Schüler hatten sich ordentlich Ärger eingeholt. Ähnliche Konflikte wie heute habe es aber nicht gegeben. Das lag vor allem daran, dass die Grundeinstellung noch durch den Krieg war, überhaupt etwas zum Anziehen zu haben. Außerdem wollten wir noch etwas über die damalige Sicht auf die Pallas Athene wissen. „Sie war unsere Göttin der Weisheit und des Krieges. Wir haben uns durch sie beschützt gefühlt.“ sagte ein Abiturient. Ein Anderer räumte ein: „Den Künstler kannten wir zwar, aber der geschichtliche Hintergrund wurde komplett ausgeblendet und auch nie thematisiert.“ Innerhalb der Schülerschaft soll es aber trotzdem ab und zu zu Diskussionen gekommen sein, da die Statue (wie heute ja auch) sehr individuell interpretiert wurde. Ob es im allerdings eventuell im Kollegium zu Diskussionen wegen der Pallas Athene gekommen ist, konnten die Abiturienten nicht beurteilen, da das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler viel distanzierter war, als wir es heute kennen.
Beim Treffen herrschte eine sehr angenehme und freundliche Atmosphäre. Wie bereits kurz beschrieben, haben wir uns kurz in der Zeit zurückgesetzt gefühlt und können viel besser nachvollziehen, wie das Konzept Schule früher gestaltet war. Danke für das nette Gespräch!

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