Homeschooling – Ein Erfahrungsbericht

1,5 Jahre im Homeschooling, keine Kontakte außer der mit der eigenen Familie, kein Sport, keine Ausflüge, keinen Urlaub, nichts außer Garten und Schulaufgaben und, wenn die Straßen langsam leerer wurden, der Spaziergang durch die Barmer Anlagen …

1,5 Jahre waren meine kleine Schwester Viana und ich im Homeschooling. – von Milia H.

Im März 2020 fing alles an. In den Nachrichten gab es nichts anderes mehr als das Coronavirus zu sehen oder zu hören.

Pixabay License, freie kommerzielle Nutzung, kein Bildnachweis nötig

Als wir die Nachricht erhielten, dass jetzt alle ins Homeschooling übergehen mussten, war die Freude erst einmal groß, da wir ab jetzt zu Hause sitzen würden, jedoch kam alles anders als gedacht. Von diesem Zeitpunkt an startete mein Leben im Distanzunterricht, ich bekam die Aufgaben nach Hause geschickt, wurde über den Computer in Form einer Videokonferenz mit in den Unterricht einbezogen und bekam alle neuen Informationen über E-Mail mitgeteilt. Für mich änderte sich am Schultag sonst nichts, ich hatte zur geregelten Zeit Unterricht, bekam auch Hausaufgeben auf, stand zur gewohnten Zeit auf. Die ersten Probleme entstanden schon in der ersten „Online- Stunde“. Wir gelangten zuerst über einen Link in den „Raum“, dabei entstand auch schon das erste Problem, da viele aus unserer Klasse kein Internet hatten, dauerte es erst einmal eine Ewigkeit bis alle Schüler und Schülerinnen „vor Ort“ waren. Die Zahlen der infizierten Personen schossen täglich rasant in die Höhe. Dies gab einem natürlich zu denken, wie alles weiter gehen sollte, aber zu diesem Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, dass ich noch eine ganze Zeit dort sitzen würde. Das nächste Hindernis entwickelte sich bei den Aufgaben, da der dort verantwortliche Lehrer vergessen hatte sein Mikrofon anzuschalten oder das Arbeitsblatt, über das wir gerade sprachen, online zustellen. In den nächsten Schultagen entwickelte sich das Chaos des Anfangs. Jeder kam schon früher, damit auch der Unterricht pünktlich beginnen konnte, die meisten erledigten die gestellten Aufgaben. Nach ein paar Wochen kam die Kundgabe, dass man mit bestimmten Regelungen, wie die Maskenpflicht, regelmäßiges Händewaschen oder auch den Abstand wieder in den Schulen unterrichten durfte, aber dann nur in „A- und B- Gruppen“.

Doch dann kam die Liste, die Liste mit den Risikopatienten, für die ein sehr schwerer Verlauf  sehr wahrscheinlich ist und man nicht weiß, ob die Personen dies überleben könnten. Auch stand dort Asthma. Bei Asthma sind die Atemwege kurzzeitig oder auch dauerhaft so verengt, dass man schlecht Luft bekommt. Typisch für Asthma sind Anfälle mit „pfeifendem“ Atem, Husten und Atemnot. Und da Corona eine Lungenkrankheit ist, durfte ich Corona nicht bekommen. Dabei war der sicherste Weg mich aus Menschenmassen und allgemeinen Kontakten mit anderen Personen rauszuziehen.

Tatsächlich stand dort auch die Immunschwäche, an der meine kleine Schwester leidet. Eine Immunschwäche äußert sich in einer erniedrigten Widerstandskraft gegen Infekte und als Folge in einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit. Somit durfte sie auch nicht mehr in die Schule oder sich mit Freunden treffen, um sich, uns und die Familie zu schützen.

Aber damit waren wir die einzigen im Homeschooling, außer wenn die Inzidenzen wieder stiegen und alle von zu Hause aus lernen mussten. Wir haben jeden Tag fleißig gelernt, um auch trotz Fernunterricht unsere Noten auf dem Zeugnis halten zu können. Da wir auch nicht in der Schule waren, konnten wir uns auch nicht mit Freunden oder Verwandten treffen. Wir konnten nur über Facetime oder Skype unsere Freunde „treffen“. Das war aber natürlich nicht dasselbe, als würden wir sie persönlich sehen. Ich durfte auch nicht mehr in die Sporthalle, Basketball spielen, am Wochenende mit dem Team in andere Städte zu Spielen fahren oder trainieren. Damit wurde mir einiges aus meinem normalen Leben genommen. Auch musste unsere Familie auf unsere Leidenschaft, das Achterbahnfahren, verzichten. Also mussten wir ohne Achterbahnen, Adrenalin und Freude an Abenteuern auskommen. Stattdessen veranstalteten wir Spieleabende, Kino zu Hause oder trieben hinter dem Haus Sport…an manchen Tagen war diese Situation kaum zu glauben.

Nun bin ich seit ca. 1 Monat wieder in der Schule. Geimpft und immun seit Anfang August. Der erste Tag war wie im Traum. Nach 18 langen Monaten alle wiederzusehen. Lehrer*innen, Mitschüler*innen, gemeinsames Lernen, Gespräche, Gedankenaustausch und unendlich viel zu sehen. Eindrücke wie bei einem ersten Schultag. Doch es ist schon ein komisches Gefühl, da man nicht genau weiß, wie man sich in dieser besonderen Situation verhalten soll. Dabei stellt man sich selbst viele Fragen. Besonders da ich immer auch an die Gefahr für meine kleine Schwester denke, die nun auch nach der ganzen Zeit wieder geimpft wieder in die Schule geht.

  • Sollte ich jetzt die Maske zum Trinken abtun?
  • Bringe ich mich damit in Gefahr?
  • Halte ich auch genug Abstand?

Es sind unzählige Gedanken, die ich mir jeden Tag mache und die sich in den vielen neuen Herausforderungen der EF und den schönen gemeinsamen Pausen wieder verlieren.

Müsste ich jetzt ein Resümee ziehen von den letzten 18 Monaten, würde ich trotz allem sagen, dass mir das Homeschooling Spaß gemacht hat und ich daran als junger Mensch gewachsen bin und gemerkt habe, wie wichtig Familie ist, besonders in der Not. Damit haben wir eine neue Erfahrung gemacht, wenn auch eine Besondere.

Eines lernt, glaube ich, jeder aus dieser Situation: Man freut sich über die kleinen Dinge, denn man schätzt nun, was man hat oder hatte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert